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FREITAGSSPAZIERGANG


Heute leitet das Häschen Fridolin unseren vergnüglichen Frühlingsspaziergang ein „Und so zieht er froh und heiter / Wie ihm Lust und Laune lenkt / Seine Hasenstraße weiter“, um sich - nachdem er seine Ostereier verteilt hat - zufrieden in die grüne Wiese fallen zu lassen. Weitere Ostereier finden wir in dem Bilder-ABC, in dem kolorierte rote Wangen, der blumenbekränzte Frühlingshut, das himmelblaue Kleid sowie rosane Eier aus dem gelben Korb um die Wette leuchten. Im Jahre 1925 tanzten in der Kinderheimat. Ein Lesebüchlein für kleine Leute die Hasen sogar auf den vermutlich hartgekochten Ostereiern und Das fidele Wichtel-ABC hat Frau und Herrn Hase fürsorglich mit Regenschirmen ausgestattet.

 

Ebenso können wir durch das lithographierte Reichenbachtal von Fritz Wucherer promenieren als auch auf dem Römerbrückchen bei Eschborn verweilen, unter Bäumen von Jakob Maurer mit Blick auf den Kronberg sitzen oder in einer in Grau und Blau aquarellierten Landschaft am Falkenstein herumstromern. Besonderen Reiz hat die Promenade vor dem Gallustor in Frankfurt, die durch den Park führt. Mitnehmen sollte man bei dieser Gelegenheit unbedingt den Osterspaziergang von Johann Wolfgang von Goethe. Wenn ein Pudel auftaucht, könnte man ihn anlocken und streicheln, aber – so unsere dringende Warnung - nur wenn er nicht schwarz ist, und einen Feuerstrudel sollte er möglichst auch nicht hinter sich herziehen. In diesem Falle wäre es nicht unwahrscheinlich, dass der Spaziergang ungewollt mit einer Mephistopheles'schen Erscheinung endet.

Weniger gefährlich sind die Frühlingseindrücke von Friedrich Schiller und Friedrich Matthisson, die hier in Leder gebunden oder mit Stichen in der Titelei verziert ihre Leser anlocken. Das blaue Frühlingsband lässt Eduard Möricke um uns herum flattern und einen Frühlingsschimmer schickt Joseph von Eichendorff in einer illustrierten Ausgabe mit Originalfarbholzschnitten. Besondere Aufmerksamkeit verdient Heinrich Vogeler, der mit 10 zarten Originalradierungen den Frühling in einer Mappe von nur 100 Exemplaren auf Büttenpapier begrüßt. Unsere Lieblingsradierung zeigt einen verweilenden Flaneur mit Spazierstock und Hut, der einen Vogel im Flug beobachtet und der das menschliche Glück in der Frühlingszeit sichtbar birgt.

 

Das letzte Buch passt thematisch nicht in unseren Freitagsspaziergang und ist auf Wunsch eines einzelnen Tieres beigefügt worden. Was es hiermit auf sich hat, lesen Sie in den Notizen aus der Umgebung von Frankfurt am Ende unserer Angebotsliste.

NOTIZEN AUS DEM UMLAND VON FRANKFURT

Weißes Schaf & Blaustern Auf einer Wanderung über den Unteren Vogelsberg und entlang an der Nidda begegneten wir am letzten Wochenende einer Schafherde. Ein munteres, weißes Jungtier näherte sich uns und wir kamen ins Gespräch. Es dauerte nicht lang und es nannte uns seine Lieblingslektüre: Reineke Fuchs von Johann Wolfgang von Goethe. Nun wissen wir aber, dass es mit dem Widder Bellyn in diesem Epos viel zu früh - Bellyn befand sich im besten Widderalter, so jedenfalls hat Wilhelm von Kaulbach ihn illustriert - zu Ende geht. Reineke Fuchs hat ihm übel mitgespielt, so dass der Wolf Isegrim ... Und doch sei unsere neue Schafbekanntschaft von der Fabel aufs beste belehrt worden - unterhaltsam sei sie sogar, die Fabel, beharrte das Schaf uns und den anderen eher ängstlich blickenden Wollknäulen gegenüber. Auch Das Mondschaf von Christian Morgenstern gefalle ihm sehr, vor allem die lateinische Version, für die der Autor ein eigenes lateinisches Wort erfunden habe: Lunovis - Mondschaf. Zwei glitzernde Äuglein blickten sodenn nach oben in das Vogelsberger Himmelsblau und unser Schäflein deklamierte euphorisch "Se culmen rer' ess' omnium. - Ich bin des Weltalls dunkler Raum.". Anschließend lächelte es sichtlich bewegt. Für das Foto, siehe oben, hat sich das hübsche Tierchen sofort bereiterklärt, jedoch mussten wir versprechen, den Reineke Fuchs mit in die Angebotsliste aufzunehmen. Ebenso in unserem Angebot befindet sich ein altkolorierter Kupferstich mit dem zierlichen Blaustern, der auch auf dem unteren Foto zu sehen ist und ebenso am letzten Wochenende gesichtet wurde.

STADT LAND FLUSS AM FREITAG


Ein imaginäres Sonnenschirmchen reicht am heutigen Freitag aus, um einen Stadt Land Fluss-Ausflug durch das reiche Angebot des Tresor am Römer zu machen. Zu Beginn sollten wir die schönen, neptunischen Beine des Vater Rhein bewundern und möglichst reisefreudig mit F.W.Delkeskamp das ausgefaltete Panorama des Rheins Mainz bis Coeln ganze 255 cm an feinst gestochenen Häusern und Burgen entlang schippern. Pater Rhenus, leicht bedeckt mit einer Wasserpflanze, empfiehlt nicht nur den im Jahre 1744 erschienenen Reiseführer Denkwürdiger und nützlicher Rheinischer Antiquarius, Welcher die wichtigsten und angenehmsten geograph- histor- und politischen Merkwürdigkeiten des ganzen Rheinstroms... darstellet, sondern auch die seltene Rheinlaufkarte vom Beginn des 18.Jahrhunderts, auf der sich der altkolorierte Flussgott zudem in einer dekorativen Kartusche präsentieret. Unser Weg über Hamburg wird von zwei Landvermessern begleitet. Bedeckt mit zwei Schlapphüten flankieren sie den Verlauf der Elbe und die altkolorierte Gesamtansicht von Hamburg aus dem Jahre 1642. In einem regennassen, fruchtbaren sowie lebensbejahenden Grün werden wir uns auf der Panoramic Map of the Thames and Medway tummeln, zwischendurch London durchqueren und schließlich von der Nordsee aus nach Afrika und in Richtung Nil weiterziehen. In Kairo könnten wir, so empfiehlt es Anton Graf Prokesch-Osten in seinem Führer Nilfahrt bis zu den zweiten Katarakten, in einem Gasthof ersten Ranges absteigen, nämlich in Shepheard's Hotel, das tatsächlich von einem Deutschen geführt wird, jedenfalls im Jahre 1874. Zu jener Zeit lebten in dieser Stadt sage und schreibe 50.000 Europäer. Nachdem die Khalifen-Gräber im Osten, die Mameluken-Gräber im Süden und der Versteinerte Wald besichtigt wurden, könnte ein Besuch im Zirkus von Kairo für Zerstreuung sorgen. Einer Krokodilsjagd möchten wir abraten, da die scheuen Tiere bereits in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts selten geworden sind. Außerdem tarnen sich die wenigen Überlebenden als Baumstämme und sind somit fast nicht sichtbar. In Theben, so rät Graf Prokesch-Osten fürsorglich an, sollte auf allen Ausflügen ein mit Erfrischungen und kalter Küche beladener Esel folgen - unerlässlich vor allem bei mehrtägigen Touren!


Wieder in Europa angelangt - möglichst mit Proviant-Esel - und während wir uns durch die großformatigen Alpenlandschaften von 1891 blättern, die Vogesen hoch und runter wandern oder in dem Eisenbahnwaggon des Panorama der Main-Neckar und Badischen Eisenbahn auf dem Weg nach Frankfurt am Main sitzen, empfiehle sich, das schmackhafte Truthuhn aus Ägypten zu verzehren. Schließlich führen uns Meriansche Faltansichten über kräftig gedruckte schwarze Linien der zahlreichen Kupferstiche durch Franken, Thüringen, Sachsen, nicht ohne in Frankfurt am Main Halt gemacht zu haben, einst Heimatort des Verlegers und Kupferstechers Matthäus Merian, dessen Städteansichten unser Bild des Heiligen Römischen Reiches im 17.Jahrhundert geprägt haben. Sein großformatiger und somit außerordentlich detaillierter Stadtplan von Frankfurt am Main lädt zum Verweilen ein und beim Verlassen der Stadt am Fluss sollte der atemberaubende Panoramablick vom Sachsenhäuser Berg  wahrgenommen werden. In Berlin beenden wir unsere Reise zusammen mit Sabine und Peter, vier Verse des Kinderbuches Wir suchen Deutschland von 1948 deklamierend und hoffend, dass unser Ausflug Beifall finden wird. Das Brandenburger Tor, noch ist's zu finden, / die U-Bahn dort, und dort die Linden. / Ein Brausen, Hupen Tag und Nacht! / So hab' ich mir Berlin gedacht.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Stadt Land Fluss im Historischen Museum  Noch ist das Historische Museum, das sich unweit des Tresor am Römer in Richtung Main am Römerberg befindet, nicht geöffnet, die Vorbereitungen jedoch laufen - wie man sieht - auf Hochtouren. Ab Samstag, dem 13.März 2021 darf das Museum also wieder seine Türen öffnen, und wir können neben dem Heller-Altar von Albrecht Dürer und Matthias Grünewald, dem weltweit ältesten Erdglobus mit America-Bezeichnung, den ausgestellten Stadtplänen, Landkarten und Stadtansichten auch das Altstadt-Modell der Brüder Treuner sowie das Exemplar des Erstdrucks des berühmten Frankfurt-Plans von Matthäus Merian - der Tresor am Römer bietet diesen Stadtplan in der letzten Originalausgabe an - und die mehrfach überarbeiteten Kupferplatten betrachten. Der stellvertretende Direktor des Museums, Dr. Wolfgang Cilleßen, äußert sich uns gegenüber mit Erleichterung: "Endlich wieder der Zauber der Originale ...". Nach diesen erfreulichen Nachrichten möchten wir noch einen Herren präsentieren, der gegenüber den Eingangstüren an einem sonnigen Plätzchen steht. Die Vermutung, dass es sich bei ihm zumindest um Herkules handelt, wird ermutigt, wenn man die kräftige und hier extra für unsere Kunden betonte Kniepartie betrachtet. Die neckischen Schleifen jedenfalls könnten auch Vater Rhein gefallen.

SEHNSÜCHTIG ERWARTET! BRIEFE AM FREITAG

 


Es ist doch ein großes Glück für uns alle, dass das Telefon erst Anfang des 20.Jahrhunderts eine wichtige Rolle in der Kommunikation übernommen hat. So sehen wir uns heute in der Lage, eine Vielzahl von Briefausgaben und Autographen anzubieten, die in vorherigen Zeiten skribiert worden sind. Die ältesten Briefe in unserem Angebot sind jene von Cicero, von C.M.Wieland übersetzt und mit zahlreichen Erläuterungen versehen. Petrarca musste seine Briefe lange suchen, hat sie schließlich “begierig gelesen” und konnte so seinen “Lehrer” auch als Mensch erkennen. Selbst wir, die hessischen Lateinschüler, die wir tagein, tagaus versucht haben, die uns unendlich lang erscheinenden Sätze von Cicero zu übersetzen, wissen inzwischen seine sprachliche Eleganz zu schätzen. Zudem sind sie von historischem Interesse, ebenso wie die Autographen von Heerführern des 30jährigen Krieges wie Albrecht von Wallenstein, die sich mitunter mit großzügigem barocken Schwung dem Empfänger empfehlen. Die Handschrift des Prinzen von Condé hingegen könnte man als Klaue bezeichnen und veranlasst zur Vermutung, dass der Brief kurz vor, nach oder vielleicht sogar während einer Schlacht auf einem Pferd geschrieben wurde. Emanuel Geibel, auch bekannt als Dichter J.J.Hoffstede in den Buddenbrooks, setzt seine Buchstaben ordentlich in gleichen Abständen, die Majuskeln jedoch mit einer Verve, die das Lübsche Temperament durchschimmern lässt. Tatsächlich überrascht sind wir beim Betrachten der Weihnachtskarte von George Grosz. Fast bieder erscheint das Motiv des Tannenzweiges. Doch schlägt man die Klappkarte auf, fliegt dem Auge umgehend das “O” vom handschriftlichen “Old George” entgegen: ein Gesicht mit zauseligem Greisenbart, das in diesem Zusammenhang von Grosz’ Leben in seiner neuen Heimat Amerika erzählen kann. Folgen wir kurz nach dem Sonntag des Heiligen Valentinus den Briefen von Johann W. von Goethe an Charlotte von Stein in einer passenden roten Lederausgabe mit zarter aber reicher Goldornamentik auf dem Rücken. Hier lesen wir kurze, stürmisch niedergeschriebene und gefühlsreiche Liebesbriefe, immerhin sechs Stück in sieben Tagen im Jahre 1776 … “Alles wies war nur ich bin anders” … Und recht lebhaft sowohl als frech verteilt Christian Fürchtegott Gellert an eine nicht namentlich genannte Madam "etliche Dutzend Mäulchen [...] denn das kann Ihr Mann nicht sehen [...] Noch eins Madam, wo soll ich schlafen? Nur in keiner Kammer, wo Mäuse sind. Ich will lieber etliche kleine Bären und ein Rhinoceros um mich haben, als diese geschwindfüßigen Unholde. [...]" Welche Tiere Herr Gellert tatsächlich bei diesem Aufenthalt getroffen hat, lesen Sie in der Vorzugsausgabe auf Zanders-Hadern-Bütten.


In den Notizen aus Frankfurt stellen wir heute einen italienischen Herren mit seinem narzissengelben Handwagen vor, der bereits hoffnungsfroh in Richtung Frühling leuchtet.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Briefträger & Kalabrien Briefe und Kalabrien sind für uns untrennbar geworden, denn unser Briefträger hier in der Braubachstraße kommt aus dieser süditalienischen Region und heisst Nicola Pontoviero. Er ist zwar bereits vor 41 Jahren nach Deutschland gekommen, aber sein frisch gebliebener italienischer Akzent erfreut uns hier im europäischen Norden fast täglich. Kurz, Signore Pontoviero ist unser Lieblingsbriefträger. Unsere neugierige Frage nach der Valentinstagspost - meistens erkennt man sie am farbigen Umschlag, auf dem liebevoll mit blauer Tinte die inbrünstig verschlungenen Buchstaben des Namens der Angebeteten oder des Geliebten geschrieben stehen - beantwortet er aber mit einem traurigen Schulterzucken. Als passionierter und erfahrener Postbote muss er konstatieren, dass die Valentinstagspost Jahr für Jahr abnimmt. Da derzeitig im Tresor am Römer ein Roman passend zum Freitagsthema gelesen wird, können wir berichten, dass wiederum ein kalabrischer Briefträger aus dem Roman Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall in den Postverkehr selbst eingreift und Liebesbriefe mitunter unter gefälschtem Namen und an falsche Empfänger austrägt... Was Signore Pontoviero zu diesem seinen Kollegen in seiner Heimat sagt, werden wir vermutlich morgen erfahren und freuen uns bereits auf eine eindrucksvolle italienische Geste.
 

DER ENGLISCHE FREITAG


Engländer!
Dieser unser Ausruf, der Respekt, Erstaunen, Erheiterung und Applaus in sich birgt, leitet den heutigen Freitag mit einem vielfältigen Angebot ein. Starten wir mit Sports: 1898 erschien ein heute seltenes Buch über das traditionelle Golfspiel, in dem mit Hilfe von zahlreichen Illustrationen der optimale Ballabschlag gelehrt wird. Man beachte zur Rechten auch die Golfkleidung der Dame, die aus einer Kombination von bodenlangem Rock, einem kurzen sportlichen und gut befestigten Umhang, einer neckischen Fliege und einem gekonnt plazierten Hütchen mit wippenden Vogelfedern besteht und schlussfolgern lässt, dass diese Sportart mit einer gewissen Eleganz ausgeführt werden kann. Das Buch Juvenile Sports for Boys and Girls erschien zwar circa 50 Jahre zuvor in Philadelphia, doch der britische Einfluss ist unverkennbar. Texte und 24 Kupfertafeln zeigen uns, wie Trap-Ball, Blindman's Buff oder Peg-Top gespielt wird und beschreiben das Leaping, Swinging, Flying a Kite, Skipping, Foot-Ball oder das See-Saw. Nicht wippend aber vielleicht in einer Kutsche sportlich schaukelnd können Städte, Landschaften und Eigenarten der Engländer entdeckt werden. Travelling: Carl Gustav Carus begleitete den sächsischen König Friedrich August als Leibarzt auf dessen Reise durch Großbritannien und verfasste einen Bericht in Tagebuchform, der hier in der englischen ersten Ausgabe vorliegt. The King of Saxony's Journey through England and Scotland in the Year 1844 erschien 1846, nur zwei Jahre nach der Reise. Eine ausführliche Beschreibung in vier Bänden Neueste Reisen durch England, vorzüglich in Absicht auf die Kunstsammlungen, Naturgeschichte, Oekonomie, Manufakturen und Landsitze der Großen hat der bereits durch seinen Italienführer bekannte Johann Jacob Volkmann veröffentlicht. So konnten sich 1781/82 Reiselustige auch über das Essen in dem fremden Land informieren, nämlich: „die englische Küche wird den Reisenden anfangs sehr befremden. Sie essen viel Fleisch und wenig Gemüse und durchgänig nur gar in Wasser gekocht... In manchen Privathäusern, wo man logiert, kann man sich auch den Mittagstisch ausbedingen, allein das Essen ist nicht sonderlich und man bekommt oft die Überreste des vorigen Tages ...“ Pasteten hingegen gab es in Versailles, dies und mehr, empfindsam und höchst vergnüglich von Laurence Sterne erzählt, können wir in seinem unvollendeten Roman nachlesen.

Literature: In Yoricks empfindsame Reise durch Frankreich und Italien erfahren wir wenig über die Geschichte des bereisten Landes, jedoch begegnen wir in einer Buchhandlung einem jungen Mädchen mit einem grünen Seidentäschchen, wir lernen die Gefühle eines wallfahrenden Deutschen kennen, der über den Tod seines geliebten Esels weint, wir werden Zeugen einer zarten Berührung zwischen Yorick und einer französischen Buchhändlerin und nehmen in dieser ersten deutschen und überarbeiteten Übersetzung teil an der Entstehung der literarischen Empfindsamkeit. Weiterhin befindet sich eine splendid und schön gestaltete und von Arthur Rackham illustrierte Ausgabe Ein Sommernachtstraum von Shakespeare und auch Gullivers Reise von Jonathan Swift mit einer signierten Originalradierung und 25 teils ganzseitigen Originallithographien von Lovis Corinth im Angebot; sodenn folgen in Erstausgaben To the Lighthouse von Virginia Woolf, Tales of Space and Time von H.G. Wells, Strange Case of Dr Jekyll and Mr Hyde von Robert Louis Stevenson.

 

In den Notizen aus Frankfurt fliegt kein Golfball aber eine englische Kopfbedeckung durch die Luft und erinnert uns an die Stürme des Lebens, die mithilfe des Programms der diesjährigen Antiquariatsmesse zumindest etwas gemildert werden können.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Bowler & English Theatre Als wäre es ein Zufall, fliegt justament ein Bowler am English Theatre vorbei, während wir das Foto machen. Einerseits unterstreicht der entflohene Hut die windige Tristesse, andererseits könnte die Situation den Zuschauer erheitern. Und wer ist der Besitzer der Kopfbedeckung? Ein englischer Gentleman aus dem umliegenden Bankenviertel oder doch ein traditionsbewusster englischer Schauspieler des Theaters? Vielleicht ist es sogar Dr. Jacob Bronowski, die Hauptfigur aus Secret Life of Humans, dem wartenden Theaterstück, das hoffentlich bald aufgeführt werden kann. Wir wissen natürlich, wer der Hutbesitzer ist, werden aber nur verraten, dass seine Beinbekleidung kariert war.

Die Antiquariatsmesse Stuttgart wird dieses Jahr am 29.1. in einem digitalen Format stattfinden. Sie wird flankiert von einem bereits erschienenen Katalog, von Gesprächen, Interviews und den Angeboten der Aussteller, die zu Messebeginn einsehbar sein werden.

DER BUNTE FREITAG


Der heutige bunte Freitag ist nicht nur besonders farbig, sondern präsentiert sich auch thematisch in einem gewagten Durcheinander. So begegnen wir einem aufgeregten Gelb für die Einband- und Schubergestaltung der Klage um Ignacio Sánchez Mejias von Federico Garcia Lorca mit großflächigen Farblinolschnitten von Francisco Borès. Der Pappband des neu illustrierten Struwwelpeter von Hans Witte hingegen zieht die Aufmerksamkeit mit Hilfe eines frischen und frechen Gelbes auf sich. Die Ansicht von Dresden als Umrissradierung ist um 1830 von zarter Hand mit lichten aber intensiven Wasserfarben koloriert worden. Auf der Terrasse des Japanischen Palais dominiert eine abwechslungsreiche Grünpalette unter hellem blauen Himmel, heiter unterbrochen von dem roten Sonnenschirm einer Dame. Das Bilderbuch für Kinder enthaltend eine angenehme Sammlung von Thieren, Pflanzen, Blumen, Früchten, Mineralien, Trachten und allerhand andern unterrichtenden Gegenständen aus dem Reiche der Natur, der Künste und Wissenschaften von F.J. Bertuch enthält die unfassbare Anzahl von 1186 altkolorierten Kupfertafeln in 12 Bänden. Die Kolorierungen sind von hoher Qualität und verraten den Anspruch des Herausgebers und des Verlages dieses Werkes, das innerhalb von 40 Jahren entstanden ist und hier komplett vorliegt. Unerwartet und aufregend wirkt der rote Maroquineinband, der von Henry van de Velde 1929 in abstrakten Formen gestaltet wurde. Die weiche und warm anmutende Oberfläche des Leders sowie die gelben, hellroten und blauen Intarsien, die in die große rote Fläche eingefügt wurden, betonen Rilkes farbliche Beschreibungen in Die Weise von Liebe und Tod des Cornets. „ … Flüche, Farben, Lachen –: davon blendet das Land. Kommen bunte Buben gelaufen. Raufen und Rufen. Kommen Dirnen mit purpurnen Hüten und flutendem Haar. Winken. ...“ Hellgrüne Farben und die leuchtend gelbe mit roten Linien umrandete Kartusche dominieren den wohl ältesten erhaltenen Stadtplan von London, der um 1580 von Braun und Hogenberg angefertigt wurde und hier in tatsächlich ganzflächiger Kolorierung angeboten wird. Quietschig tönen die Farbkombinationen der Holiday Jinks, unzerreissbar die Seiten und in englischen Versen verfasst. Von plakativer Kraft behaupten sich die Seiten des poppigen Bilderbuches Children's Book von Andy Warhol, dessen „Roli Zoli“ diesen einleitenden Text begleitet. Von intensiver Luminanz sind die feinen handkolorierten Holzstiche in Moeurs, usages et costumes de tous les peuples du monde von August Wahlen, die trotz ihres Alters von 176 Jahren die Blicke der Betrachter verführen. Und natürlich flattern durch das Angebot zierliche Schmetterlinge jeglicher Art und in jeglichen Farbtönen, changierend, lebhaft, fröhlich, auffallend oder getarnt. Und die Grünfarben der hier angebotenen botanischen Werke verbinden sich mit unseren Notizen aus Frankfurt, in denen einer geglückten Wiederauferstehung gehuldigt wird.

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Wiedergeburt & Neuerscheinung Die Ankunft von Bertl, dem Weihnachtsbaum, vor dem Rathaus auf dem Römerberg gestaltete sich unglücklich. Zahlreiche Fotografen der hiesigen Presse stürzten sich mit ihren Fotobjektiven auf die verkrüppelte Fichte, denn eine klaffende Lücke im buschigen Grün des Baumes aus Österreich wurde nach dem Aufstellen sichtbar. Sollte Bertl doch als „ein Symbol der Hoffnung gegen das Virus“ (Oberbürgermeister Peter Feldmann) bejubelt werden, so musste er nun Hohn und Spott über sich ergehen lassen, ja, er wurde sogar als hässlich und als Gerippe bezeichnet. Doch staunend können wir inzwischen feststellen, dass der beauftragte Baumkosmetiker das Antlitz des Baumes ganz unerwartet retten konnte, vermutlich unter Verwendung größerer Astprothesen. Morgens passieren wir den mit roten Schleifen und Lichtern geschmückten Bertl auf dem Weg zum Antiquariat, bewundern seine Wiedergeburt, beobachten Jung und Alt beim Einwerfen der Weihnachtspost in den gelben Postkasten unterhalb des Baumes und rufen ihm stets ein hoffnungsfrohes "Halleluja!" zu.

Hinweisen möchten wir auf diesem Wege auch auf eine Neuerscheinung mit dem Titel Frankfurt und Umgebung auf historischen Karten aus dem Societäts Verlag. Unter folgendem Link finden Sie die Beschreibung des Buches mit einer Leseprobe: <link https: societaets-verlag.de produkt frankfurt-und-umgebung-auf-historischen-karten eine externe webseite in einem neuen>Frankfurt und Umgebung auf historischen Karten

DER POETISCHE FREITAG


Der poetische Freitag
wird mit Erato, der Muse der Liebesdichtung, und ihrer Posaune aus luftigen Höhen angekündigt. Das lyrische Blasinstrument leitet auf dieser Seite fanfarengleich ein:

Lyrik, die Polly betrifft. Sie war am ganzen Körper blond, / soweit sie Härchen hatte. / Bis zum Betthimmel reichte ihr Horizont. / Ihre Seele war scheinbar aus Watte. ­– –  Süße und sehnsüchtige Verse. Ferne! Du vermagst uns nicht zu trennen! / Seelen trennt nicht Berg, nicht Land und Meer. – ­– – Gedichte mit geheimen Botschaften unter Vertrauten. O deine Seele Knabe - perlender Wein - / funkelt aus kühlem Kristall zwischen Veilchenkränzen. ­– – Liebesgedichte, die Spuren hinterlassen. Mein klopfend Herz vor deiner Tür, / Die Fusspur rot im Schnee. – ­– – Verklärte Liebesgedichte. Der blaue Himmel ist nur halb so blau, / Weil du nicht da bist, Liebster. Deine Nähe / Macht, dass ich alles Schöne schöner sehe. / Ich bin doch eine unmoderne Frau ... – ­– – Fragende Gedichte. Jedoch, in wen ist die Rose verliebt? / Das wüßt' ich gar zu gern. – ­– – Gereimte Trennungen. Ich muss dem Leibe nach Dir itzt zwar Abschied geben, / Doch mein Verliebter Geist wird allzeit bei Dir sein. ­– – Exilgedichte. Doch weil dein Herz mir Flut und Ebbe ist, / Hier, diese Muschel, schimmernd wie von Tränen, / Zum Nachmirsehnen. ­– – Postliebesgedichte. Und weiss: Ein Herz, das man schon mal verlor, / Reist nur noch in getragenen Gefühlen./ Und während wir noch einmal "Liebe" spielen, / Bereit ich mich zum nächsten Abschied vor. – ­– – Unerträgliches und Haarsträubendes in Versen. Der Mann: / Hier diese Reihe sind zerfallene Schöße / und diese Reihe ist zerfallene Brust. / Bett stinkt bei Bett. Die Schwestern wechseln stündlich. ­– – Unüberwindliche Lyrik. Die Mauern stehn / sprachlos und kalt, im Winde / Klirren die Fahnen. ­– – Unvergessliche Trauergedichte. Da stieg ein Baum. / O reine Übersteigung! – ­– – Schlesische Reime, in denen es Schermantes gibt. Ach du liebes schèrmantes Katinkel, / Bleib' uns gut ock ein énziges Brinkel. ­– – Einstmals verbotene Gedichte. Männerbraun stürzt sich auf Frauenbraun: / Eine Frau ist etwas für eine Nacht. / Und wenn es schön war, noch für die nächste! ­– – Freundschaftszeilen. Flüchtig sind die Tage der Freude, kaum fühlen / wir sie, so sind sie nicht mehr!  – ­– – Oder ein kritisches Lehrgedicht aus dem Jahre 1549, das auf Änderungen hoffen lässt. Dann es sprach herr Freydangk / Auff erden ist nichts so gar follenkommen / Das es dem wandel sey benommen.

Für die Notizen aus Frankfurt suchen wir im Frankfurter Dom nach poetischen Spuren und mit Pegasus, auch er - wie die Muse - in luftigen Höhen, enden wir diese werbende Einleitung und beginnen die Vielzahl der Angebote mit Friedrich Hölderlin.

 

NOTIZEN AUS FRANKFURT

Frankfurter Dom & Poesie Lyrik lesende Menschen in der Umgebung der Braubachstraße zu finden, haben wir uns schwieriger vorgestellt, doch bereits der zweite Anlauf - nämlich unser Gang zu dem nicht weit entfernten Kaiserdom St. Bartholomäus - war erfolgreich. Der sehr freundliche aus Angola stammende Portier Carlos Feijo mochte uns sogleich zwei seiner poetischen Begleiter anvertrauen. Antonio Agostinho Neto und Fernando Pessoa. Neto war nicht nur Dichter, sondern auch Arzt und in den 70er Jahren erster Staatspräsident von Angola. In der gleichen Zeit sind einige seiner Gedichte in deutscher Sprache erschienen, nämlich im Reclam Verlag in Leipzig und hier in Frankfurt im Röderberg-Verlag. Die Werke des portugiesischen Autors sind der deutschsprachigen Leserschaft vor allem in einer frühen Ausgabe durch den Suhrkamp Verlag sowie aufgrund der zahlreichen Veröffentlichungen durch den Amman Verlag bekannt geworden.
Trotz aller Widrigkeiten, Renovierungsarbeiten und Corona-Virus, kann der Dom besucht werden. Auf der unteren Abbildung sehen wir
eine getönte Lithographie von und nach Domenico Quaglio von 1819. Es ist, so behaupten wir, eine der schönsten Darstellungen des Frankfurter Doms. Die Geräusche der zahlreichen Vögel und die Stimmen der Bürger mögen poetische Qualitäten besessen haben.

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